Ich glaub mein Schwein pfeift! - Der REDENSART auf der Spur --- #2

in #ganzwenigtext6 years ago (edited)

"Ich versteh nur Bahnhof!" witzelte @pawos im ersten Artikel, in dem ich mich mit der Herkunft von Redensarten beschäftigte, worauf @peppermint24 mit "Da beißt die Maus keinen Faden ab!" konterte. Ich versprach, der Sache auf den Grund zu gehen.

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Ich versteh nur Bahnhof!

ruft man aus , wenn man etwas nicht versteht, nicht begreift, oder aber, meist verbunden mit einem belustigten Unterton, sich mit einer Aussage nicht auseinandersetzen will, womit dem Gesprächspartner in neckender Weise Folgendes vermittelt wird: "Sag was du willst, erkläre so viel du magst. Ich will dich nicht verstehen“ (Hans Fallada, 1935).

@pawos begründete die Herkunft der Redewendung mit Überlieferungen aus familieninternen Kreisen, welche den Vermutungen des Dudens entsprechen: Ende des Ersten Weltkrieges wünschten sich die deutschen Soldaten aufgrund der aufreibenden, ermüdenden, aussichtslosen Stellungsschlachten nur noch die Heimreise, die in der Regel mit dem Zug angetreten wurde, womit wiederum der Bahnhof assoziiert wurde. Sie konnten an nichts anderes mehr denken und somit abweichenden Gesprächsthemen nicht aufmerksam folgen. Jeder hatte nur noch den Bahnhof im Kopf, verstand nur Bahnhof.

Da beißt die Maus keinen Faden ab

bedeutet, dass eine Situation eben so ist, wie sie ist. Unabänderlich, etwas ist so und nicht anders und man kann nichts dagegen unternehmen.

Die Herkunft dieser Redensart ist sehr umstritten, ich habe sieben Erklärungen gefunden!
Am besten gefiel mir der Bezug zur Fabel „Der Löwe und das Mäuschen“. Dort rettet die Maus einen in einem Netz gefangenen Löwen, indem sie das Netz durchbeißt. Wenn die Maus keinen Faden abgebissen hätte, wäre der Löwe in Gefangenschaft geblieben und hätte nichts dagegen machen können.

Interessant ist auch die Legende um die Heilige Gertrud von Nevilles. Sie ist die Schutzpatronin der Früchte auf dem Feld. Der Namenstag der heiligen Gertrud ist der 17. März, der im Bauernkalender den Beginn der Arbeit auf dem Ackerland und damit das Ende der winterlichen Handarbeiten wie Spinnen, Weben, Stricken ankündigt. Wer jedoch die Spindel nicht aus der Hand legt, dem beiße eine Maus den Faden ab.

Eine brutalere Erklärung für die Redensart geht auf eine altmodische Mausefalle zurück. In einem Holzkästchen wurde ein Köder ausgelegt und davor ein Faden gespannt, damit die Maus nicht ungehindert an die Beute kam. Biss die Maus den Faden ab, wurde ein Federmechanismus ausgelöst und sie wurde erschlagen. Biss die Maus keinen Faden ab, änderte sich an der gesamten Situation des Mäusebefalls und der ausgeräuberten Vorratskammer nichts.

Ich gehe einer Sache auf den Grund

wenn ich die genaue Ursache oder Hintergründe einer Situation, Begebenheit, einer These herausfinden möchte.

Bereits seit der Antike sei die Übertragung des architektonischen Begriffs "Grundmauer" als Basis und Fundament auf sprachliche Argumentationen geläufig. Die Grundmauer, der Grund, ist also ein verbales Bild, eine Metapher, dafür, Schlussfolgerungen ausreichend zu überprüfen und zu begründen, damit sie auf festem Grund stehen.

Und warum pfeift das Schwein denn nun?

Es pfeift ja gar nicht! Schweine quieken, fiepen und grunzen, Pfeifen ist nicht möglich.
Und so drückt man mit dem pfeifenden Schwein überraschte Empörung für etwas als unmöglich Empfundenes aus.
Die Redensart soll in der sogenannten "Sponti-Bewegung" der 70er und 80er Jahre entstanden sein, witzige "Sponti-Sprüche" haben sich damals nicht nur auf den T-Shirts der Deutschen rasant verbreitet.


Bilder: CC0-Lizenz auf Pixabay.com

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14.07.2018


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Hallo Chriddi,

unter großer Freude möchte ich mich nicht nur für den tollen Beitrag bedanken, sondern auch ein großes Lob aussprechen, daß nun auch bei dir Leute, egal welche Steemit-Oberfläche diese benutzen, nicht mehr störend und technisch falsch [1] auf eine andere Steemit-Oberfläche umgeleitet werden.

Danke, schönes Wochenende und beste Grüße :)

[1] Für die werten Mitleser lautet der Stichpunkt: Relative URL.

Na, dann bedanke ich mich mal recht herzlich für das schöne Lob, lieber @taldor.
Verbunden mit dem gleichzeitigen Bedauern, dass ich zunächst etwas ungehalten auf deine freundliche Bitte reagierte. Ich dachte, du würdest ernsthaft von mir erwarten, manuell über 140 URL zu editieren.
Dankenswerter Weise nannte @double-u mir einen einfachen Trick. Die Zauberformel heißt "suchen und ersetzen", z.B. mit so einem tollen Markdown Editor wie Typora.
Hihi, manchmal hat man echt ein Brett vorm Kopf und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht...

Ich bin schon immer sehr angetan gewesen von Sprache an sich und der deutschen insbesondere... und da sind Redewendungen natürlich ein gefundenes Fressen (auch etwas zu Klärendes???) . Köstlich und informativ - so erweitere ich gern meinen Horizont! Danke dir.

Ich danke dir für den netten Kommentar!

In der Redensart steckt das Bild eines Tieres, das sich voller Gier über Nahrung hermacht. Auch der gierig schlingende Mensch wird als Fresser bezeichnet, dessen Unbändigkeit im Sinne der Redensart noch gesteigert wird, weil seine Nahrung nicht erarbeitet, sondern zufällig gefunden ist. Die Redensart erscheint zunächst bei Andreas Gryphius im 17. Jahrhundert und ist in der Literatur des Sturm und Drangs, die eine drastische Sprache liebte, aufgegriffen worden

Redensarten-Index

;-)

Gerne doch - ich kommentiere gern und bekomme gern welche - das ist nett ;-) Und nebenbei gibt es auch oft Infos... Danke

Wie cool, tolle Redewendungen. Ich frag mich da sehr oft, warum und woher die kommen. Finde es auch sehr spannend, wie Wörter zusammenhängen. Das verdienen und dienen z.B

Liebe Grüsse

Hihi, witzig, gerade habe ich mich in deinem Post zum Wortstamm "dienen" geäußert.
Mir macht es unglaublich viel Spaß, die Herkunft von Redewendung und die Bedeutung von Wörtern zu entschlüsseln. Das fand ich schon in der Schulzeit und während des Studiums total spannend. Nun ist das etwas eingeschlafene Interesse dank @meluni und ihrer wunderbaren Welt der Sprache am #deutschdienstag wieder aufgeflammt.
Liebe Grüße,
Chriddi

Sehr schön, was Steemit so alles kann gell :)

Christiane auf dem geliebten Terrain ...

Ich muss gestehen, damit zufrieden gewesen zu sein, einigermaßen einschätzen gekonnt zu haben, was die Redewendung aussagen soll.
Jetzt wird etymologisch seziert und schon beginne ich unsicher zu werden.
Deportationen hat es bereits während des 1. Weltkriegs gegeben. Die dann im Zug saßen, was dachten die? Hätte ich nur nie Bahnhof verstanden?
Zuviel Wissen bringt mir die spanischen Dörfer unnötig nahe.

Bei Maus und Faden fällt deine, als grausam bezeichnete Variante sowieso flach, da dort ja genau das Gegenteil passieren muss. Hier wird jedoch eine todsichere Sache angepriesen.

Da wir gemeinsam der Sache auf den Grund gehen gehen, kann ich dir in dieser Hinsicht auch grundsätzlich folgen.

Dem Schwein wurde die Fähigkeit des La-Paloma-Pfeifen nur deshalb unter die Borsten geschoben, weil Marcuse und Adorno nicht einmal wussten, dass eine Sau keine Eier legt. Da konnte von ihren Studenten kein anderer Spruch erwartet werden.

Was kann Typora besser als Dropbox Paper?

Ganzwenigtext oder habe ich ganz einfach einen an der Waffel?

In Gedanken ...

Wolfram

Lieber Wolfram,
ich glaube, du hast keinen an der Waffel, nur 'nen Vogel.
Denn was haben spanische mit böhmischen Dörfern zu tun?
Bezüglich der Maus hast du missinterpretiert, umgekehrt zu deinen Gedanken wird ein Schuh draus.
Nur, weil dich mein etymologischer Horizont frustriert, musst du ja nicht gleich ideologisch werden. Ja, ja, genau, ich frage das Internet, was da steht, stimmt immer!
Da ich "Dropbox Paper" nicht kenne, kann ich dir nichts über Vor- und Nachteile referieren, doch bevor es nun zum ganz großen Disput kommt, solltest ausgerechnet du den Ansatz, über #ganzwenigtext diskutieren zu wollen, ganz schnell zurückziehen.
Ich drücke dich,
Bussi,
Chriddi

Ganz offensichtlich haben die Kroaten mit Böhmen nichts am Hut!
Hier lautet die Redewendung (und da gibt es auch nichts zu rütteln) ganz eindeutig: "Das sind alles spanische Dörfer für mich!"
< mein etymologischer Horizont

nutzt dir an nebligen Tagen auch nichts!

Doch jetzt Schluss damit. Sonst wird der Hund noch in der Pfanne verrückt.

Was nun folgt ist neu und mit ganzwenigtext.

Dann bliebe noch ...

Wolfram

Au fein! Da lieferst du ja direkt eine Idee für eine neue Serie: "Auf den Spuren der Redensart unter besonderer Berücksichtigung regionaler Unterschiede"
Hoffentlich stehe ich dann nicht irgendwann da, wie der Ochs' vorm Berg, aber wat mutt, dat mutt ;-)

Christiane, bitte nicht die Seiten wechseln!
Wie die Kuh vorm Berg!!!

Außerdem liegen bei mir für diese Serie noch jede Menge Geschenke auf Lager.
Sobald der Postbote Zeit hat, bekommt er sie nach und nach von mir in die große Ledertasche gesteckt.

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