Biestjaeger: Die Schwarze Pyramide -46- Der Weg über das Knochenplateau - 6 von 10
Was bisher geschah:
Das Knochenplateau verdankt seinen Namen der trockenen und staubigen Hitze, doch zuweilen schafft es der Regen kühlend auf die ausgedörrte Erde zu fallen. Wer jedoch denkt, er wäre in Sicherheit, der irrt ...
Das Ufer war steil und sie suchte nach den Anzeichen einer Furt um den Fluss zu überqueren. Sie ritt ein Stück voraus und nach einer Weile hatten sie die anderen eingeholt und Shana zeigte auf eine Stelle im Wasser. Langsam ritten sie hinein, immer auf einen Angriff gefasst, um auf der anderen Seite durch ein Gebüsch heraus zu kommen.
»Wir müssen dort entlang«, sagte Dimitrion und zeigte mit seiner Linken etwas seitlich von ihnen.
Die Vegetation änderte sich nur leicht im Laufe des Tages und alle blieben wachsam, da jeder von ihnen spürte, dass sie ihrem Ziel immer näher kamen und eine erdrückende Vorahnung in der Luft schwebte. Gegen Nachmittag zogen dunkle Wolken auf. Sie hielten, banden die Feren an und bauten eine Plane auf, unter der sie sich stellten um das Ende des Schauers abzuwarten. Doch der Regen wurde immer heftiger und sie beschlossen ebenfalls die Seitenwände hochzuziehen und so verbrachten sie den Rest des Tages und der ganzen Nacht in ihrem Zelt. Das Platschen der Tropfen auf dem gewachsten Tuch machte Gespräche unmöglich also schwiegen sie und tranken Tee. Ramloc holte einen alten Lederbecher hervor und er, Magnus und Dimitrion fingen an ein beliebtes Würfelspiel zu spielen. Die kullernden Würfel mischten sich mit den klatschenden Regentropfen. Das Geräusch lullte sie langsam aber sicher ein und sie wurden müde. Nach kurzer Zeit fiel der Becher immer langsamer und Magnus hörte als erster auf um sich hin zu legen. Dann folgte in kurzem Abstand der Halbelf und der Zwerg gähnte wie ein Raubtier bevor er mit gefalteten Händen auf seinen Rucksack sank. Träge fielen Shana die Augen zu, die ihre Aufzeichnungen weg legte und den anderen in den Schlaf folgte, bis nur noch Grayden wach blieb. Er hörte das leise Atmen seiner Gefährten und das ungewöhnlich ruhige Schnarchen von Ramloc.
Die Luft im Zelt war feuchter und wärmer geworden. Immer mehr fühlte er sich von der Welt da draussen abgeschottet, obwohl es nur wenig brauchte um diesen Schutz nieder zu reissen. Eine Zeit lang konnte er dem Drang zu schlafen noch wiederstehen, irgendwann besiegte ihn der Regen jedoch. Ihm war noch bewusst das es eine trügerische Sicherheit war in der er sich befand, doch dann glitt er sanft in den Schlummer über und ergab sich der Dunkelheit.
Mitten in der Nacht hoben Dimitrion und Ramloc gleichzeitig die Köpfe , sahen sich an und griffen zu ihren Waffen. Sie weckten die anderen auf und hielten sich als Zeichen die Zeigefinger an die Lippen damit niemand einen Laut machte. Dimitrion machte noch andere Zeichen um Grayden deutlich zu machen, das draußen eine Gefahr lauerte. Grayden stellte bestürzt fest das er eingeschlafen war und das Gefühl der Schuld legte sich wie ein Eisengürtel auf seine Schultern. Shana glaubte eines der Feren wiehern zu hören. Ein lautes Geräusch, so als ob ein schwerer Körper über den Boden gezogen wird, verscheuchte den letzten Rest Müdigkeit und er war hellwach. Dimitrion hatte vergessen einen Tarnspruch zu weben. Mit ernsten Mienen machte er sich kampfbereit. Ramloc kroch zum Ausgang und öffnete einen kleinen Spalt im Tuch.
Es war dunkel und der Regen war etwas schwächer geworden. Pfützen hatten sich gebildet und der Boden war aufgeweicht. Regenschwaden bildeten immer noch einen grauen Schleier. Doch Ramloc sah Schatten zwischen den Bäumen schleichen und schätzte, das sie nicht freundlich gesinnt waren. Ein Blick auf die Feren sagte ihm, das noch alle angebunden waren doch sie tänzelten unruhig umher. Undeutliche Schemen, größer als ein Mensch, streiften umher. Ramloc zählte fünf, schätzte aber das es wesentlich mehr sein konnten. Er gab Handzeichen und jeder verstand was er meinte. Sie hatten bereits ihre Waffen gezogen und traten in den Regen, da konnten sie Schritte auf dem schlammigen Boden platschen hören, die um sie herum ertönten. Ein Kampf war jetzt wohl unausweichlich geworden. Dimitrion bereitete eine Lichtkugel vor. Magnus leckte sich über die Lippen.
Jetzt war die Zeit gekommen anzugreifen.
Jedoch ...
Die Schritte entfernten sich eilends.
»Was zum Abgrund...?«, sagte Magnus.
Mörme quakte. Dimitrion und Ramloc spähten angestrengt in die Finsternis und sahen die Schemen in zwei dutzend Metern Entfernung kleiner werden. Grayden überlegte kurz, wenn das Kundschafter waren würden sie den Feind in Kenntnis setzen und sie verfolgten die Schemen. Nach wenigen Metern allerdings sahen sie ein, das es keinen Sinn hatte bei diesem Unwetter etwas zu finden und gaben ernüchtert auf.
»Wenn das Späher waren, kommen wir vermutlich zu spät«, sagte Dimitrion.
»Ich weiß. Aber es hat keinen Zweck, wir müssen hoffen, das es Tiere gewesen sind«, entgegnete Grayden und ging wieder ins Zelt.
Dimitrion holte den vergessenen Spruch nach, doch Mörme brauchte mehrere Versuche um die geschockten Tiere zu beruhigen.
Keiner schlief, bis am Morgen der Regen langsam aufhörte.
»Hast du was entdeckt?«, fragte der Schildmeister Dimitrion, der sich unverzüglich nach dem Ende des Regens daran machte Spuren zu suchen.
»Es scheint, das, was immer es war, in diese Richtung gezogen ist«, sagte Dimitrion und wies nach Südwesten.
»Woher weißt du das?«, wollte Shana wissen.
»Ich habe einige Fußabdrücke unter den Bäumen und weiter entfernt gefunden und es scheint das sie von großen Wesen stammen«, antwortete der Halbelf.
»Werden wir Ihnen folgen?«, fragte Shana an Grayden gewandt.
»Wir müssen«, antwortete er. »Das Risiko ist zu hoch das es wirklich Späher oder etwas in der Art gewesen ist, das wir gesehen haben.«
»Ihr Vorsprung ist zu groß, das schaffen wir nie«, sagte Magnus.
»Versuchen müssen wir es, sonst war alles umsonst«, warf Dimitrion ein.
»Dann hofft, das es wirklich nur ein paar Tiere gewesen sind«, sagte Grayden und schwang sich auf sein Feren.
Nach wenigen Stunden kamen sie an ein Feld dessen Büsche und Sträucher platt gedrückt waren und Fresspuren fanden sich überall. Es schien als wenn sie gestern Nacht nur in einer Art Futterschneise einer heimischen Tierart gewesen sind und Grayden war froh zu wissen, das sie nicht von ausgesandten Kriegern stammten. Dimitrion wies in die Richtung in der die Schneise verlief. Dort sahen sie einige Kreaturen, die sich auf die Hinterbeine stellten um die Blätter an den hoch gewachsenen Ästen erreichen zu können. Die Erleichterung spiegelte sich auch auf den Gesichtern der Abenteurern wieder. Was Ramloc nicht im Geringsten ruhig stellte.
Im Laufe des Tages kamen sie ihrem Ziel näher und sie gestatteten sich keine allzu langen Pausen und schon bald waren sie angespannter als vorher. Es war eine fast greifbare Spannung in der Luft die sie alle aufmerksam machte. Talandras Tempel warf die Schatten seiner Macht voraus und sie mussten nun vorsichtiger vorgehen wenn sie nicht doch noch entdeckt werden wollten.
Grayden schätzte, das sie früher oder später auf Zeichen einer Patrouille stoßen würden und nach einer kurzen Rast, kam Dimitrion mit einem Fetzen grünem Stoff in der Hand zurück.
»Das habe ich unweit von hier gefunden. Es sieht wie ein Stück Kleidung aus.«
Grayden nahm es entgegen und strich mit den Fingern darüber.
»Das Material kenne ich nicht, es könnte Leder sein, fühlt sich aber ganz anders an als die Sorten die ich kenne.« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort. »Wir sollten ab jetzt kein Feuer mehr machen, die Feren an den Zügeln führen und besonders wachsam sein. Shana, hast du genug von deinen Kräutern und Kugeln machen können?«
Shana nickte.
»Dimitrion, bist du ausgeruht?«
Der Halbelf nickte ebenfalls.
»Magnus, Ramloc. Seid ihr kampfbereit?«
»Auf mein´n Stahl kannste dich verlass´n«, tönte die tiefe Stimme des Zwergs.
»Und mein Schwert ist bereit an deiner Seite zu kämpfen«, sagte Magnus.
»Wir sind jetzt auf feindlichem Gebiet und unsere Sinne müssen schärfer sein als bisher und jederzeit bereit für einen Angriff, denn wir wissen nicht was uns erwartet oder wie stark der Feind ist. Aber wir werden es schaffen und mit solchen Kampfgefährten wie euch habe ich gar keine Zweifel.«
Mörme hüpfte hervor und quakte zustimmend.
»Du natürlich auch«, sagte Grayden und sie gingen weiter.
Am nächsten Tag schien alles ruhiger um sie herum zu werden. Kaum ein Vogel war zu hören und die Tiere am Boden wurden weniger. Kein Gebrüll oder knackende Äste waren zu hören oder eines der anderen vielen Geräusche die ansonsten von regen Kreaturen gemacht wurden. Das beunruhigte die Gruppe und die Stimmung wurde wieder drückender. Auch die Feren liessen immer mehr die Köpfe hängen und trabten nur noch lustlos dahin. Diesmal übernahm Ramloc das Kundschaften während sie ihren Tieren eine Pause von der drückenden Wärme gönnten.
»Da vorn´ is´n Tramp´lpfad«, sagte er als er zurück kam.
Die Tiere an den Zügeln, folgten sie dem Zwerg.
Der Pfad führte links in eine Senke und auf der rechten einen Hügel empor.
»Wo lang?«, fragte Grayden.
»Nach links«, antwortete Ramloc.
»Wir halten uns neben dem Pfad um nicht entdeckt zu werden«, sagte Grayden und schlug sich ins Gebüsch so das sie immer den Weg im Auge behalten aber immer früh genug in Deckung gehen konnten wenn es nötig wurde.
Nach der Senke schlängelte sich der Pfad durch das Dickicht. Dimitrion und Ramloc gingen voraus, damit ihre scharfen Augen jede noch so kleine Spur entdecken konnten. Hinter Ihnen führten Grayden und Shana die Feren an den Zügeln und Magnus gab Rückendeckung. Keine Patrouille kam ihnen entgegen, doch sie hörten nach einiger Zeit ein beständiges und rhythmisches Wummern.
»Was ist das?«, fragte Shana.
»Eindeutig Maschin´n´.«
»Maschinen, hier, in dieser Wildnis?«
Shana war erstaunt.
»Ich gehe mal voraus«, schlug Dimitrion vor und verschwand.
Die Feren tänzelten leicht und Mörme beruhigte sie. Die anderen liessen sich in einem Hain in der Nähe nieder.
»Wir können sie nicht weiter mitnehmen«, sagte Grayden.
»Und was sollen wir deiner Meinung nach tun? Sie einfach hier stehen lassen?«, fragte Shana.
Sie war immer aufgeregt wenn sie die Tiere zurücklassen mussten.
»Dimitrion kann sie doch tarnen und wir lassen genug Futter und Wasser für sie hier«, sagte Grayden ruhig.
Shana reagierte nicht sondern streichelte den Kopf ihres Ferens. Es dauerte lange bis der Halbelf zurück kam und er sah besorgt aus.
»Was ist los?«, wollte Grayden wissen.
»Kommt, das müsst ihr sehen.«
»Warte. Kannst du dich um die Feren kümmern?«, fragte Shana.
Dimitrion schaute zu Grayden der nur mit den Schultern zuckte.
»Natürlich«, sagte Dimitrion. »Hier haben sie genug zu fressen und der Regen wird sie mit Wasser versorgen«, fügte er danach hinzu.
Auf alles gefasst, machten sie sich auf den Weg um ihm zu folgen.
Nach einer Stunde kamen sie an eine Felsklippe, von der sie in ein weites Tal sehen konnten. Und was sie sahen machte sie atemlos.
Unter ihnen lag eine gewaltige Tempelanlage so weit das Auge blickte und füllte das gesamte Tal aus. Es war so groß, das eine große Stadt hinein gepasst hätte und war umsäumt von Ruinen die wie ein Ring um die Tempelanlage aus dem Boden ragten und an hohen Klippenwänden endeten. Die Anlage selbst war quadratisch aufgebaut und vor einem gigantischem Haupttempel errichtet worden, der wiederum vor einer Pyramidenkonstruktion in die Höhe reckte. Die vergrößerte, mehreckigen Spitze in der Mitte wurde von zwei kleineren flankiert die zwischen sich eine Statue trugen, die eine prächtig gekleidete Frau darstellte und auf die Tempel herab sah.
Auf unterschiedlichen Ebenen ragten Skulpturen von Tieren. Sie schimmerten wie die gesamte Pyramide in schwarz und grün, auf eine seltsame Art metallisch. Dahinter erstreckte sich ein weites Dschungelgebiet.
Vor dem Tempel lagen Dutzende von kleineren Tempeln und Gebäuden. Auf breiten Fundamenten errichtet, ragte die erste Ebene meterweit darüber hinweg und stützte mit Säulen das nächste Geschoss. Jeder Tempel war von einer Mauer umgeben, die sie schützten. Drahtgitter und andere metallischen Verbindungen zogen sich zwischen den Gebäuden hindurch und bildeten in zwei Dutzend Metern Höhe ein funkelndes Netz. Manchmal blitzte darin etwas von einem zum anderen Gebäude. Davor befanden sich breite und hohe Aufbauten und von jeder liefen riesige Schläuche, in denen sich in gewissen Abständen etwas bewegte, zu einem metallenen Turm. An einigen Stellen sahen sie Kolbenmaschinen die immer wieder in die Erde fuhren und das Wummern erzeugten, dass sie gehört hatten. An jedem Tempel stand einer der Maschinen, die alle einen gemeinsamen Takt schlugen. Zahnräder und Laufbänder liefen um den Turm entlang und verursachten quietschende Geräusche. Dampf stieg aus dem Basisfundament hervor. Zwischen den Anlagen liefen mehrere Kreaturen verschiedener Größe herum.
Es waren keine Menschen.
»Kannst du erkennen was das für Gestalten sind?«, fragte Grayden nach dem er Dimitrion auf die Schulter getippt hatte und ins Tal zeigte.
Der Halbelf wurde bleich als er sah mit wem sie es zu tun hatten.
Doch bevor er antworten konnte, sammelten sich die Kreaturen vor dem Metallturm und warteten scheinbar auf etwas. Jemand kam kurze Zeit später heraus und sprach zu den Versammelten, die Dimitrion auf mehrere Dutzend schätzte. Es schien eine Rede zu sein, bei der jedes mal wenn der Redner die Arme erhob die Menge in Jubel ausbrach und Kriegsschreie ausrief. Dimitrion bemühte sich zu erkennen wer das war und sah einen reich geschmückten Priester, dem eine bedrohliche Ausstrahlung anhaftete.
»Was ist nun?«
»Dort unten...«, Weiter kam der Halbelf nicht.
»Wir krieg´n Gesellschaft«, sagte Ramloc. »Jemand kommt den Pfad entlang.«
»Dann lasst uns verschwinden«, sagte Grayden und sie zogen sich so leise wie möglich ins Unterholz zurück.
Fortsetzung folgt in Episode 47 - Der Weg über das Knochenplateau 7 von 10 ...
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